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Kontraproduktive CO2-Sanktionen auf Autoimporte schädigen die Biodiversität
Um das CO2-Gesetz einzuhalten und bis 2020 eine Halbierung der im Inland emittierten Treibhausgase um mindestens 20 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen, erliess der Bundesrat Sanktionen für den Import umweltschädlicher Autos. Diese erweisen sich laut einem Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) jedoch als bedingt wirksam, wenn nicht gar kontraproduktiv. So stiegen die jährlich bezahlten Sanktionssummen 2021 auf 28 Millionen Franken an. Denn durch die Übergangserleichterungen enstanden Fehlanreize, beispielsweise ermöglichten sogenannte Emissionsgemeinschaften die Kompensation stark emittierender Autos mit solchen, die wenig CO2 ausstossen. Duch die finanzielle Entschädigung der umweltfreundlicheren Autos wurde dies zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell. Auch der Einbezug des Gewichts in die Berechnungsgrundlage schuf laut der EFK Anreize für den Import schwererer Fahrzeuge – je schwerer die importierte Flotte ist, desto mehr CO2 darf sie ausstossen. Die EFK nennt in ihrem Bericht deshalb vier Vorschläge, um diesen Fehllenkungen entgegenzuwirken.
1.6.2023
Nationalrat spricht sich gegen Transparenz bei Bundessubventionen aus
Mit ihrer Motion 21.3826 forderte SP-Nationalrätin Jacqueline Badran den vom Bund versprochenen Schlussbericht zu einem im Mai 2017 gestarteten Projekt der Finanzkontrolle «zur Prüfung der Angemessenheit von Steuersubventionen und Ausnahmeregelungen bei Bundeseinnahmen» ein. Die Arbeiten zu diesem Projekt wurden eingestellt, doch der Bericht «Biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz» von 2020 sowie eine Studie des Centres for European Policy Network (CEP) von 2016 machen die Wichtigkeit eines solchen Berichts deutlich. Sie zeigen auf, dass die Schweiz eine teilweise ineffiziente und schädigende Subventionspolitik betreibt und in Sachen Transparenz von Steuervergünstigungen eine Blackbox ist – sie bildet unter den OECD-Ländern diesbezüglich das Schlusslicht. «Es ist wirklich ein bisschen eine Schande, dass dieses Parlament nicht gewillt ist, mehr Transparenz in unsere Finanzpolitik zu bringen», protestiert Badran in der Sondersession. Trotzdem wird die Motion mit 106 zu 87 Stimmen deutlich abgelehnt.
2.5.2023
Mehr Kostenwahrheit durch die Internalisierung externer Kosten
«Eine beschränkte Markttransparenz und die mangelnde Integration externer Effekte in die Konsumentenpreise behindern heute ein nachhaltiges Einkaufsverhalten», hält der Bundesrat in seinem Bericht zur zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik fest. Mit der Annahme der beiden gleichlautenden Postulaten 22.4440 von Anna Giacometti und 22.4556 von Meret Schneider will der Nationalrat dieses Problem nun angehen und erwartet vom Bundesrat konkrete Vorschläge und Massnahmen. Giacometti hob in ihrem Votum in der Sondersession 2023 hervor: «Man muss den Konsumentinnen und Konsumenten die notwendigen Informationen zugänglich machen. Dazu gehören unter anderem die Produktionsmethode und Umweltwirkung. Da die Konsumentenpreise die externen Kosten der Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und -vermarktung nur ungenügend widerspiegeln, muss die Transparenz bei der Preisbildung über die gesamte Wertschöpfungskette verbessert werden.» Obwohl die beiden Postulate absolut identisch sind, erhielt Giacomettis Vorstoss mit 105 zu 67 bei 3 Enthaltungen mehr Zustimmung als jenes von Schneider (96 zu 91 Stimmen bei 3 Enthaltungen). Gemäss Art. 124 des Parlamentsgesetzes (ParlG) muss der Bundesrat der Bundesversammlung bis in zwei Jahren einen Bericht vorlegen.
2.5.2023
Bundessubventionen werden neu auf negative Externalitäten geprüft
Subventionen werden seit diesem Jahr auch auf ihre Nachhaltigkeitswirkungen und auf negative Externalitäten, einschliesslich ihrer negativen Biodiversitätswirkungen, geprüft. Dies erklärte der Bundesrat auf die Frage 22.7751 von Nationalrat Kurt Fluri (FDP), die Frage 22.7916 von Nationalrätin Ursula Schneider Schüttel (SP) sowie die Interpellation 22.3839 von Nationalrätin Aline Trede (Grüne). Zudem seien Leitfragen zu gegensätzlichen öffentlichen Interessen und Marktverzerrungen in den Fragebogen der Überprüfung aufgenommen worden. Der angepasste Fragenbogen kam bei der diesjährigen Überprüfung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements EJPD bereits zum Einsatz.
Jedes Jahr überprüfen ein bis zwei Departemente ihre Subventionen auf die Konformität mit dem Subventionsgesetz. Die Überprüfung erfolgt anhand eines standardisierten Fragebogens, mit welchem insbesondere die Begründung, der Umfang, die Ausgestaltung, die Steuerung sowie das Verfahren der Beitragsvergabe der Subventionen systematisch vom Departement und der Eidgenössischen Finanzverwaltung analysiert werden.
Weitere Informationen zum Thema Subventionsüberprüfung sind unter folgendem Link zu finden: Subventionen, Subventionsüberprüfung (admin.ch)
1.12.2022
Keine weiteren Begünstigungen für den motorisierten Verkehr
In seiner Motion 22.3634 forderte Ständerat Marco Chiesa (SVP), «den Anteil der Mineralölsteuer, der nicht direkt für den Unterhalt des Strassennetzes verwendet wird, so schnell wie möglich und so lange wie nötig aufzuheben.» Der Bundesrat lehnte die Motion ab: auf einen direkten Eingriff in die Preise (z.B. Benzinpreis) soll verzichtet werden, weil dies zu unerwünschten Effekten führe. Für einen (Teil-)Verzicht bei der Erhebung der Mineralölsteuer bedürfte es zudem einer Änderung des Mineralölsteuergesetzes. Der Ständerat beriet die Motion in der Herbstsession 2022 und lehnte sie ab.
Das Mineralölsteuergesetz sieht bereits in diversen Bereichen Steuerbegünstigungen oder -befreiungen vor – eine indirekte Subvention, welche die Zunahme des privaten motorisierten Verkehrs in den letzten 20 Jahren begünstigte und die Biodiversität unter Druck setzte. Um die Ökosysteme nicht weiterhin mit Schadstoffen, Licht, Lärm, Strassenentwässerung sowie Zerschneidung der Ökosysteme zu belasten, sollte dringend auf alle Begünstigungen und Befreiungen der Mineralölsteuer verzichtet werden – gewisse Rückerstattungen werden derzeit im Rahmen der Überprüfung von acht biodiversitätsschädigenden Subventionen (Bundesratsauftrag vom 3.6.2022) vom SECO geprüft.
7.12.2022
Beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien
In der Antwort auf die Motion 22.3899 der FDP-Fraktion gibt der Bundesrat Auskunft bezüglich des beschleunigten Ausbaus von Stromproduktionsanlagen aus erneuerbaren Energien:
«In der Herbstsession 2022 hat das Parlament […] das Bundesgesetz über dringliche Massnahmen zurkurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter verabschiedet, welches Erleichterungen für den Bau von alpinen Solaranlagen sowie eine Solarpflicht für Neubauten (Flächen von mehr als 300 Quadratmetern) vorsieht. Den Anstoss zur Vorlage gaben Solar-Grossprojekte in Gondo und in Grengiols im Wallis. Die Vorlage soll auch die Erhöhung der Grimsel-Staumauer voranbringen. Das UVEK arbeitet derzeit an der Umsetzung mittels Verordnungsrevisionen.
Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates hat zudem eine Parlamentarische Initiative 22.461 für ein dringliches Gesetz zur Beschleunigung von fortgeschrittenen Windparks und von grossen Vorhaben der Speicherwasserkraft eingereicht.
Im Bereich der Geothermie verfügt das Projekt Haute-Sorne (JU) bereits über eine rechtskräftige Baubewilligung und die Erkundungsphase des Untergrunds hat begonnen.»
Bisher scheint der Bund die Wirkung dieser Anlagen auf die Biodiversität nicht zu diskutieren, so dass Subventionen dieser Anlagen allenfalls biodiversitätsschädigend wirken werden. Dies widerspricht dem Aichi-Ziel 3 von 2010, der Strategie Biodiversität Schweiz sowie der in Montreal, an der COP 15, im Dezember 2022 beschlossenen Abschaffung oder Reform biodiversitätsschädigender Subventionen.
7.12.2022
Erhöhungen von biodiversitätsschädigenden Zahlungen knapp verhindert
In der Wintersession 2022 wurde eine Umverteilung von CHF 161 Millionen Subventionen zulasten der Biodiversität abgewandt:
Im Rahmen der Umsetzung der Parlamentarische Initiative 19.475 Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren hatte der Bundesrat im Frühling 2022 beschlossen, Versorgungssicherheitsbeiträge, die als teilweise biodiversitätsschädigend gelten, um 161 Millionen Franken zu kürzen und stattdessen zielgerichtete Direktzahlungen (Produktionssystembeiträge) zu erhöhen. Diese Summe ergibt sich dadurch, dass der Beitrag für Versorgungssicherheit von 900 auf 600 Franken pro Hektare sinken sollte. Als Reaktion darauf wurden im Parlament zwei Motionen eingereicht, die nicht nur die Rücknahme der Kürzung, sondern sogar eine Erhöhung auf 1000 Franken pro Hektare verlangten. Beide Motionen wurden wieder zurückgezogen, der Bundesrat beschloss im November 2022 aber trotzdem, die Versorgungssicherheitsbeiträge zu senken, allerdings nur auf 700 Franken pro Hektare statt auf 600 Franken, wie vom Bundesrat im Frühjahr beschlossen.
Die Empfehlung der Finanzkommission des Nationalrates, die im Rahmen des Voranschlags 2023 gemacht wurde, die vom Bundesrat geplante Umlagerung von Versorgungssicherheit zu anderen Direktzahlungen vollumfänglich rückgängig zu machen, konnte dank einem Einzelantrag von Zürcher Ständerat Ruedi Noser verhindert werden.
Ein Antrag des Waadtländer Nationalrates Jean-Pierre Grin, der eine Aufstockung der Strukturverbesserungsbeiträge um 5 Millionen Franken verlangte, wurde während der Session zurückgezogen. Ein Grund dafür dürfte gewesen sein, dass die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK im Februar 2022 in einem Prüfbericht zur Strukturverbesserung gravierende Mängel festgestellt hatte. Das Bundesamt für Landwirtschaft BLW könne die gesetzlich geforderte ökologische Aufwertung aufgrund des noch fehlenden Bewertungssystems nicht garantieren. Verbesserungsbedarf gebe es auch beim Anreizsystem für ökologische Zusatzleistungen, beispielsweise bei der Renaturierung von Bächen, der Anlage von Hochstammobstbäumen oder der Extensivierung von Wiesen. Zudem wird die Strukturverbesserung momentan von der Bundesverwaltung als eine von 8 biodiversitätsschädigenden Subventionen untersucht.
23.12.2022
Parlament erhöht Absatzförderung von Schweizer Wein
Nachdem der Nationalrat zu Beginn der Wintersession 2022 beschlossen hat, die Absatzförderung von Schweizer Wein um 6,2 Millionen anzuheben, folgte am 5. Dezember der Ständerat diesem Beschluss. Die Subvention der biodiversitätsschädigenden Absatzförderung für Fleisch, Milch, Käse und Eier bleibet unverändert (siehe Website WSL).
Dieser Trend hält bereits seit einigen Jahren an: Wie das Privilegienregister der Schweizer Landwirtschaft 2020 von Avenir Suisse zeigt, haben sich die Mittel, die den Schweizer Weinbäuer:innen jährlich zufliessen, seit der Wahl des Winzers Guy Parmelin in den Bundesrat, im Jahr 2015, signifikant erhöht. Im Jahr der Analyse habe die gesamte Absatzförderung um 13% zugenommen, die Förderung des Weinbaus gar um 23%, schreibt Avenir Suisse und spricht dabei vom «Parmelin-Effekt».
Nationalrat und Ständerat sahen scheinbar keine Notwendigkeit, die erhöhte Absatzförderung an Biodiversitäts- und Umweltkriterien zu binden.
7.12.2022
Staat fördert Fleischkonsum mittels Subventionen
Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten tragen nur gerade die Hälfte der Kosten ihres gesamten Nahrungsmittelkonsums selbst – der Rest wird durch staatliche Subventionen finanziert und in Form von externen Kosten für die Umwelt (Umweltbeeinträchtigungen) auf die Allgemeinheit überwälzt. Dies geht aus einer neuen Studie im Auftrag der Denkfabrik Vision Landwirtschaft hervor.
Hervorgehoben wird in der Studie, dass die staatliche Unterstützung bei häufigen Fleischesser*innen weit grösser ausfällt als beim Durchschnittskonsum. Besonders gross ist der Unterschied im Vergleich zu einer veganen Ernährung. Denn rund 80 Prozent der staatlichen Gelder für die Landwirtschaft fliessen laut Vision Landwirtschaft in die Produktion von Fleisch, Milch und Eiern. Veganer:innen profitieren kaum von der finanziellen Unterstützung. Auch generiere vegane Ernährung weniger Kosten zulasten der Umwelt, obschon diese auch existieren, etwa in Form einer Belastung durch Pestizide im Pflanzenanbau.
7.12.2022
Klimaschädigende Subventionen in der Schweiz?
«Der Bundesrat setzt sich im Interesse der Kostenwahrheit national für den mittelfristig vollständigen Abbau von Subventionen für fossile Energieträger ein.» Dies antwortet der Bundesrat auf die Interpellation 22.4099 des Nationalrates Christophe Clivaz (Grüne Partei) bezüglich Übersicht über klimaschädigende Subventionen in der Schweiz. Die Schweiz kenne klimaschädigende Subventionen hauptsächlich in Form von Steuervergünstigungen auf fossile Energien, namentlich Ausnahmen und Rückerstattungen der Mineralölsteuer für verschiedene Zwecke (wobei die Rückerstattung der Steuer für konzessionierte Transportunternehmen gemäss revidiertem CO2-Gesetzt 2026 aufgehoben werden soll). Der Bundesrat hätte «den Auftrag erteilt, bis spätestens Ende 2023 zusätzlich zu der erwähnten Aufhebung der Rückerstattung an konzessionierte Transportunternehmen auch die Rückerstattungen an die übrigen Branchen möglichst konform zur Klimapolitik auszugestalten. Inwiefern darüber hinaus vertiefende Abklärungen notwendig sind, werde der Bundesrat prüfen.»
29.9.2022
SVP fordert Abschaffung des BIF und NAF
In derInterpellation 22.3970fordert die SVP-Fraktion die Abschaffung von BIF und NAF, den Verkehrsfonds, welche 2017 im Zuge der FABI-Vorlage angenommen wurden.
Die Interpellation schlägt die Abschaffung des BIF und NAFs zur Flexibilisierung der Bundesfinanzen vor, mit dem Ziel, den Anteil der gebundenen Ausgaben am Bundeshaushalt längerfristig auf unter 50 Prozent zu reduzieren. Der Bundesrat erachtet diesen Vorschlag als «nicht angezeigt», da die Fonds den Bundeshaushalt auch vor Risiken von Investitionsspitzen schützen und eine stabil finanzierte Bahn- und Strasseninfrastruktur «für das Gedeihen der schweizerischen Volkswirtschaft von grossem Wert» sind.
Gemäss Ex-Generaldirektor des SBB, Benedikt Weibel, bringt der BIF, resp. die gebundenen Mittel, durchaus nachteilige Wirkungen auf die Bahninfrastruktur, wie er in einem Artikel in der NZZ im Juli 22 schreibt: Die Einführung des BIFs habe die Ausbautätigkeit der Bahninfrastruktur stark beschleunigt, statt in die Kapazitätserweiterung des bestehenden Netzes über intelligente Auslastung zu investieren.
Bei allen Überlegungen zur Umgestaltung des BIFs oder NAFs sollten v.a. die externen Kosten nicht aus den Augen verloren gehen: Werden die gebundenen Mittel gekürzt und grössere Teile der Mineralölsteuer oder des Mineralölsteuerzuschlags in die Bundeskasse geleitet, statt in BIF oder NAF, dürfen nicht Projekte und Zahlungen gekürzt werden, um externe Effekte des Verkehrs zu reparieren oder reduzieren, was durch NAF resp. Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV) sowie BIF möglich ist – wenn auch nicht ausreichend genutzt wird.
21.9.2022
SVP fordert Wiedereinführung eines Subventionsberichts
In ihrer Motion 22.3966 fordert die SVP Fraktion im Nationalrat die Wiedereinführung eines 4-jährigen Subventionsberichtes (der 2008 abgeschafft wurde), welcher dem Parlament eine Effizienzprüfung, die Möglichkeit zur Abschaffung oder zur Entflechtung von Subventionsaufgabengebiete erlaube. Der Bundesrat erachtet die derzeitige Regelung der 6-jährigen Überprüfung (mit 1-2 Departemente pro Jahr) als effizientere und besser handhabbare Praxis und betont, dass das Parlament gewünschte Einsparungen über «gezielte Überprüfung der Aufgaben oder über Sparvorgaben in Form von Motionen oder Aufträgen zum Finanzplan effizienter» veranlassen kann.
Zwei wichtige Fragen bezüglich der Subventionsüberprüfung sind zu stellen: 1. Wie wird die Überprüfung von Steuer- und Abgabevergünstigungen, die aktuell nur teilweise von der regulären periodischen Überprüfung abgedeckt sind, in Zukunft gehandhabt? Da viele Steuervergünstigungen nicht einmal quantifiziert sind (siehe Antwort des Bundesrates auf die Motion 21.3826 Jacqueline Badran), entgehen sie einer parlamentarischen Kontrolle. 2. Wie wird die Wirkung der Subventionen auf Biodiversität und Umwelt allgemein geprüft und wie werden mögliche Folgekosten der Subventionen in deren Nutzenbetrachtungen einbezogen?
21.9.2022
Zollkontingent Butter dieses Jahr bereits zum 4. Mal erhöht
Das Zollkoningent für Butter wurde dieses Jahr bereits zum vierten Mal erhöht. Da die Verkäsungszulage 15 Rp./kg Milch beträgt, wird immer mehr Milch verkäst (und u.a. exportiert) - die früheren Butterberge sind nur noch eine ferne Erinnerung. Bei Produzentenpreisen von 69.80 Rp./kg (respektive 79.88 Rp./kg für Bio Milch) bedeutet dies, dass ein Bauer seine Milch für einen gut 20% höheren Preis verkaufen kann, wenn sie verkäst wird. Dadurch wird aber die Selbstversorgung mit anderen Milchprodukten geschwächt, sodass deshalb mehr Butter importieren werden muss.
EFK prüft Subvention erstmals auf ökologische Aspekte
In dem im Juli 2022 veröffentlichten Prüfbericht zur landwirtschaftlichen Strukturverbesserung im Tiefbau prüft die EFK erstmals auch ökologische Aspekte einer Subvention. Die EFK attestiert der Subvention grundsätzliche Berücksichtigung der ökologischen Auswirkungen, bemängelt hingegen Umsetzungsdefizite und ein ungeeignetes Anreizsystem für ökologische Zusatzleistungen.
Bundesrat gibt der Bundesverwaltung den Auftrag, 8 Subventionen vertieft auf ihre Wirkung zu überprüfen
An seiner Sitzung vom 3.6.2022 erteilt der Bundesrat der Bundesverwaltung den Auftrag, 8 Subventionen vertieft zu evaluieren und bis 2024 Reformvorschläge zu präsentieren. Dabei geht es um zwei Subventionen des UVEKs: die Programmvereinbarung Wald und die forstlichen Investitionskredite; die anderen sechs Subventionen liegen im Verantwortungsbereich des WBF: Kontingente und Zölle für bestimmte Fleischprodukte, Versorgungssicherheitsbeiträge, Strukturverbesserungsbeiträge in der Landwirtschaft, die Absatzförderung von Milch, Fleisch und Eiern, die Darlehen für touristische oder industrielle Infrastrukturen im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) und die Rückerstattung der Mineralölsteuer in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Tourismus.
Die Auswahl basiert auf den Analysen einer Vorstudie des BAFU (2022).
Avenir-Suisse Publikation: «Die Schweiz – das Land der Subventionen»
In ihrem Newsletter publizierte der Wirtschaftsdachverband avenir suisse kürzlich einen Beitrag zum Thema Subventionen. Da steht unter anderem:
«Eine allgemeingültige Definition des Subventionsbegriffs gibt es nicht. Gerade in der Schweiz wird mit dem Begriff ein Sammelsurium an monetären Transfers vom Staat an private und öffentliche Akteure (Unternehmen, Haushalte, Organisationen etc.) bezeichnet. […] Auch wenn die direkte Auszahlung von Geldern – etwa in Form von Direktzahlungen – die klassische Form einer Subvention darstellt, ist sie bei weitem nicht die einzige. Eine abschliessende Liste von Subventionsarten gibt es zwar nicht, weitere Beispiele umfassen jedoch:
- Steuervergünstigungen und -erleichterungen
- Darlehen der öffentlichen Hand zu nichtmarktüblichen Konditionen
- Bürgschaften und Kreditgarantien
- Staatsgarantien (expliziter oder impliziter Art)
- Finanzielle Massnahmen zu Gunsten von zahlungsunfähigen oder überschuldeten Unternehmen
- Vergünstigung von Inputfaktoren wie Land, Wasser oder Energie
- Staatlich garantierte Abnahmepreise über dem Marktniveau
- Nichtberücksichtigung des günstigsten Angebots bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen»
Negative externe Effekte werden zwar angesprochen, negative Effekte auf Biodiversität werden jedoch nicht erwähnt. Der Artikel schliesst mit dem Hinweis: «Umso wichtiger wäre es, Instrumente zu schaffen, die eine regelmässige Überprüfung von Subventionen auf ihre Notwendigkeit und insbesondere auch ihre wirtschaftliche Schädlichkeit erlauben. Konkrete Reformvorschläge hierzu finden sich in der neuen Avenir-Suisse-Publikation «Die Schweiz – das Land der Subventionen».
Der Bund senkt die Einfuhrzölle für Futtermittel
Der Krieg in der Kornkammer Europas führt an den internationalen Rohstoffmärkten teilweise zu massiven Preisanstiegen. Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) hat auf den 15. März 2022 deshalb den Grenzschutz für verschiedene Futtergetreide angepasst. Wie das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) in einer Mitteilung vom 8. März 2022 schreibt, werden für eiweissreiche Futtermittel wie Sojaschrot oder pflanzliche Futteröle seit längerem keine Grenzabgaben mehr erhoben.
Entgegen den Bestimmungen aus der Bundesverfassung (Art. 104 und 104a), subventioniert das WBF damit eine bodenunabhängige landwirtschaftliche Produktion in der Schweiz und unterwandert damit die Bemühungen um die da geforderte nachhaltige, standortangepasste Agrarwirtschaft. Das WBF setzt sich nicht nur über die Ziele aus internationalen Vereinbarungen hinweg, die biodiversitätsschädigende Wirkung von Subventionen zu minimieren bzw. ganz zu vermeiden. Es trifft sogar Entscheidungen, die diese schädigenden Effekte verstärken.
Die Verkäsungszulagen bleiben bei 15 Rappen pro Kilo Milch
An seiner Sitzung vom 3. November 2021 hatte der Bundesrat ursprünglich beschlossen, die Verkäsungszulagen von 15 auf 14 Rp./kg Milch zu senken. Nachdem das Parlament in der Wintersession einer Erhöhung des Budgets von acht Millionen Franken zugestimmt hatte, musste er diesen Beschluss nun aber wieder anpassen. Ab dem 1. Januar 2022 werden die Verkäsungszulagen daher weiterhin 15 Rappen pro Kilo Milch betragen. Was die Verkäsungszulage ist, warum sie biodiversitätsschädigend wirkt und wie diese unerwünschten Folgen minimiert und unterbunden werden können steht im Grundlagenbericht «Biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz» auf Seite 71 zu lesen.
Wie wirken sich Coronakrise, Alterung und Klimawandel auf die öffentlichen Finanzen aus? …und wie der zunehmende Biodiversitätsverlust?
In ihrem Bericht «Langfristperspektiven für die öffentlichen Finanzen in der Schweiz» zeigt die eidgenössische Finanzverwaltung EFV, dass die Alterung der Bevölkerung die öffentlichen Haushalte in den nächsten drei Jahrzehnten belasten wird. Neben der Alterung dürfte dies langfristig auch der Klimawandel tun. Die beträchtlichen Ausgaben zur Bewältigung der Coronakrise sollen nur einen relativ geringen Einfluss auf die Entwicklung der Staatsfinanzen haben, sofern die Schuldenbremse weiterhin angewendet wird. Allerdings befasst sich der Bericht weder mit den drohenden volkswirtschaftlichen Konsequenzen des zunehmenden Biodiversitäts-Verlustes noch mit jenen von Subventionen mit biodiversitätsschädigender Wirkung.
Die im Verkehrsbereich zuständigen Bundesämter wollen zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität beitragen
Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) diskutierte an ihrer Sitzung vom 18. Januar 2021 den Grundlagenbericht «Biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz» von WSL/SCNAT. Anschliessend beauftragte sie das Bundesamt für Strassen (ASTRA) sowie das Bundesamt für Verkehr (BAV), verschiedene Fragen zur Wirkung von Subventionen auf die Biodiversität bzw. Anstrengungen zum Schutz der Biodiversität im Verkehrsbereich in einem Bericht gemeinsamen zu beantworten. Inzwischen wurde der Bericht «Biodiversitätsschädigende Subventionen im Verkehrsbereich» von ASTRA und BAV verfasst, von der KVF-N beraten und mit einem Tweetpubliziert. ASTRA und BAV bekräftigen darin, dass die Erhaltung der Biodiversität eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, zu der sie mit einem Katalog an Massnahmen beitragen wollen, die bis Ende 2023 umgesetzt sein sollen. Mit verschiedenen Anstrengungen soll zudem die Förderung der Biodiversität im Verkehrsbereich vorangetrieben werden.
Biodiversitätsschädigende Subventionen im Verkehrsbereich | Bericht von ASTRA/BAV | 13. August 2021
Mehr Geld für Subventionen mit biodiversitätsschädigender Wirkung in der Landwirtschaft
Nach eingehender Prüfung des Bundesratsentwurfs für den Voranschlag 2022 beantragte die Finanzkommission des Nationalrates (FK-N) am 18. November 2021 Mehrausgaben von 273 Millionen Franken. Unter anderem will sie im Landwirtschaftsbereich die Milchwirtschaft (CHF 8 Mio.) und den Zuckerrübenanbau (CHF 7 Mio.) zusätzlich fördern.
Gleich lautende Anträge wurden am 10. November 2021 auch in der Finanzkommission des Ständerates gutgeheissen. Das Parlament befindet in der kommenden Wintersession darüber, ob die Anträgen aus der Kommission überwiesen werden.
Medienmitteilung I Finanzkommission des Nationalrates (FK-N) I 18.11.2021
Biodiversität: Bundesrat nimmt Stellung zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission
In seiner Stellungnahme zum Bericht der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission zeigt sich der Bundesrat über den fortschreitenden Biodiversitätsverlust besorgt. Er wolle den Naturschutz stärken, «denn die Biodiversität und die mit ihr verbundenen Leistungen der Ökosysteme sind die Lebensgrundlage von Gesellschaft und Wirtschaft». Er sei sich des Ressourcenbedarfs für den Schutz und die Förderung der Biodiversität bewusst.
Er werde die Empfehlungen der GPK-S prüfen, wie sich die Biodiversität allgemein besser fördern lasse. Dazu gehöre insbesondere auch die «Anpassung der Landwirtschaft an die Tragfähigkeit der Ökosysteme (standortangepasste Landwirtschaft), die dadurch notwendige Reduktion der regional zu hohen Intensität, die Eliminierung von Fehlanreizen durch eine stärkere Beachtung der Kostenwahrheit und eine wirkungsvollere Zielausrichtung der Subventionen in den Bereichen Biodiversitätsförderung, Vernetzung und Strukturverbesserungen».
«Schutz der Biodiversität in der Schweiz» | Stellungnahme des Bundesrates | 26.05.2021
Biodiversität: GPK-S zieht Bilanz und fordert Bundesrat zum verstärkten Handeln auf
Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates hat sich im Rahmen eines Kurzberichtes mit den Massnahmen befasst, die der Bundesrat in den letzten Jahren zum Schutz der Biodiversität in der Schweiz ergriffen hat. Sie hält in ihrem Bericht fest, dass diese Massnahmen nicht wirksam genug sind und fordert den Bundesrat auf, eine gezielte Verstärkung des Biodiversitätsschutzes zu prüfen, namentlich in der Landwirtschaft, und die Bundessubventionen mit biodiversitätsschädigender Wirkung eingehend zu analysieren. Die Kommission formulierte in diesem Zusammenhang drei Empfehlungen an den Bundesrat und bat ihn um eine Stellungnahme.
«Schutz der Biodiversität in der Schweiz» | Kurzbericht der GPK-S | 19.02.2021
Zeitplan zur Untersuchung bestehender Bundessubventionen auf die Biodiversität
Gemäss der von der Schweiz unterzeichneten Biodiversitätskonvention sowie der Strategie Biodiversität hätten Subventionen mit biodiversitätsschädigender Wirkung bis 2020 überprüft und beseitigt oder reformiert werden sollen. Nach eigenen Angaben hat der Bundesrat das UVEK inzwischen beauftragt, bis 2023 die Auswirkungen der bestehenden Bundessubventionen auf die Biodiversität zu untersuchen und Möglichkeiten zur Vermeidung von Fehlanreizen aufzuzeigen. Ein Zwischenbericht wird zurzeit von den betroffenen Dienststellen finalisiert und wird in den kommenden Monaten veröffentlicht [Stand: 27.09.21]. Der Abschluss der gesamten Massnahme ist auf 2023 vorgesehen.
Antwort des Bundesrates auf die Frage 21.7816 I 16. 09.2021
Antwort des Bundesrates auf die Interpellation 20.4605 I 17.12.2020
VertreterInnen von WSL und SCNAT zu Hearings in Kommissionen eingeladen
Seit der Publikation der Studie «Biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz» haben sich verschiedene Kommissionen mit deren AutorInnen unterhalten. In einigen Kommissionen wurden Berichte in Auftrag gegeben oder eine Fortsetzung der Beratung zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen. Zum Teil finden sich Informationen dazu in Medienmitteilungen:
Medienmitteilung I Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N), 25.10.2021
Medienmitteilung I Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) I 19. 01.2021
Über 160 Subventionen schaden der Biodiversität in der Schweiz
Mit über 160 Subventionen aus verschiedenen Bereichen werden bei Bund, Kantonen und Gemeinden nicht nur politische Ziele verfolgt, sie schädigen auch die Biodiversität. Dies haben Forschende der Eidg. Forschungsanstalt WSL und des Forums Biodiversität der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz in ihrer am Montag veröffentlichen Studie gezeigt. Die Schweiz hat sich im Rahmen der Biodiversitätskonvention verpflichtet, solche Subventionen bis 2020 anzupassen oder abzuschaffen, was bislang nicht geschehen ist.
Die Forschenden haben die Subventionen identifiziert und quantifiziert, den Grad der Schädigung eingeschätzt und beurteilt, wie leicht sich eine Subvention ändern liesse (auf der Ebene Kantone und Gemeinden exemplarisch).
Die Studie wurde von Pro Natura, BirdLife Schweiz und der Stiftung Temperatio unterstützt.
«Biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz. factssheets» I SCNAT I Vol. 15, No. 7, 2020